ETA 2824-2, der Welt einziger Panzer fürs Armgelenk
Panzer? Ja richtig, ‘Panzer’ – das ist der Spitzname des ETA 2824-2 Uhrwerks, der einem Ehrennamen gleichkommt. Warum? Weil dieses Rohwerk des Schweizer Herstellers ETA wegen seiner Robustheit, Präzision und Zuverlässigkeit zu den beliebtesten Kalibern mechanischer Art überhaupt gehört, in unzähligen Uhren verbaut ist und sich eine entsprechende Reputation erarbeitet hat. Bildnachweis: Daniel Zimmermann / Lizenz: CC2.0
Eine Menge Vorzüge, ohne deshalb gleich unter das Kriegswaffenkontrollgesetz zu fallen. Ein Nebeneffekt ist, dass sich leicht und kostengünstig Ersatz findet, falls der Panzer doch mal auf der Strecke liegen bleiben sollte und man die nächsten Werkstatt sucht.
Inhaltserzeichnis
- Die langsame Vervollkommnung der ETA 2824-2 über Generationen
- Typische Anwendungen für dieses Rohwerk - und seine Kopien
- Was das ETA 2824-2 Kaliber neu zu bieten hatte
- Nahe Verwandtschaft und die Definition der Familie
- Nicht jeder Panzer ETA 2824-2 fährt gleich schnell
- Einige Uhrenfabrikate mit diesem Rohwerk als Herzen
Die langsame Vervollkommnung der ETA 2824-2 über Generationen
Als dieses Werk ETA 2824-2 das Licht einer Uhrmacherwerkstatt oder des Entwicklungslabors erblickte, befand sich ETA in der dunkelsten Stunde seiner Existenz – mitten in der Quarzkrise, als traditionelle mechanische Uhren unter massiven Druck durch die preiswerten und funktionsumfänglichen Quarzuhren (aus Fernost) gerieten.
Natürlich war es nicht als Überraschungskind aus allen Wolken und in jemandes Schoß gefallen, sondern geht seinerseits auf Entwicklungsvorgänger zurück; nämlich ETA 2824 von 1971 und ETA 2824-1 von 1979. Es steckte also 1982 bereits viel Arbeit und Erfahrung im Projekt, auf die das Automatikwerk bereits aufbauen konnte. Selbst 1971 begann man nicht rudimentär mit Feuerstein und Wolfsfell, sondern begründete das erste Design auf dem Eterna Kaliber 1427 aus dem Jahr 1955, das noch mit 18.000 A/h auskam. Das 1427 besitzt bereits Charakteristika des Räderwerkes und ein aufgesetztes Automatikmodul mit dem kugelgelagerten Rotor, wie sie in der ETA 2824 und zuletzt der ETA 2824-2 als direkten Nachfahren vervollkommnet werden sollten.
Details an den Bauteilen zeigen dabei Einsparungen und Bemühungen zur Kostenersparnis, ohne dass die Qualität abgesunken wäre – ganz im Gegenteil. Woran nicht gespart wurde, war die Lagerung, denn sie stieg von anfangs 17 über 21 auf die heutigen 25 Lagersteine. Übrigens haben die chinesischen Nachbauten und das STP 1-11 einen zusätzlichen Lagerstein in Verwendung an der Federhausbrücke hinzugefügt und besitzen somit 26 Stück.
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Typische Anwendungen für dieses Rohwerk – und seine Kopien
Zu einer universellen und weiten Verbreitung der ETA 2824-2 gehört, dass sie in so vielen Uhren wie möglich angetroffen weden kann. Die meisten davon werden wegen der Dimensionen aber Herren-Armbanduhren sein, die darauf ausgelegt sind, über einen Datumsring hinaus ohne Komplikationen auszukommen.
Das Rohwerk hat zum Durchmesser 25, 6 mm und ist 4,6 mm tief. Die Verschleißteile sind die Wechselräder der Automatik, das Kronrad und Gegenlager des Kronrads, sowie die Federhausbrücke, wo bei Betätigung des Handaufzugs (statt Rotorumdrehmanövern) Stahl auf Messing reibt.
An Funktionen braucht es nicht mehr als Stunde, Minute, Zentralsekunde (die gestoppt werden kann) und die Datumschnellschaltung. Die Gangreserve der ETA 2824-2 hat man im Lauf der Zeit noch ein bisschen ausreizen können; sie soll nun statt bei 38 Stunden bei 40 Stunden, bei 28.800 Halbschwingungen pro Stunde. Die nach Ablauf des Patentschutzes im Umlauf befindlichen Klone sind Sellita SW200, STP 1-11 und Valanvron VAL24 aus der Schweiz und die chinesischen Nachbauten Seagull ST2130 und Hanghzou 6300.
Was das ETA 2824-2 Kaliber neu zu bieten hatte
Um zu dieser berühmten Zuverlässigkeit, Präzision und Robustheit zu gelangen, braucht es das Zusammenspiel einiger Elemente, die perfekt aufeinander abgestimmt sind. Diese sind in der ETA 2824-2 ein Etachron Rückersystem, der Kupplungsaufzug, die Schweizer Ankerhemmung, die Incabloc-Stoßsicherung und der beidseitig aufziehende Rotor des Automatikwerkes.
Die ETA 2824 hatte noch einen Steinanker als Hemmung und außer Kupplungsaufzug und Zentralrotor keine von den genannten Neuerungen zur Verfügung.
Die Schweizer Ankerhemmung hat eine frei schwingende Unruh nach Verlassen des Ankers. Die Incabloc Stoßsicherung der ETA 2824-2 ist weit verbreitet, selbst über dieses Werk hinaus. Sie setzt eine sowohl vertikal als auch horizontal mit Feder bzw Futter gesicherte Unruhwelle ein, die dadurch bei Stößen aus verschiedenen Richtungen nicht so leicht bricht.
Der Kupplungsaufzug besorgt durch Umstellen des Kupplungsrades mal das Aufziehen, mal das Einstellen der Zeiger. Die Etachron ist die Exzenter- und Feinregulierung der Spiralfeder aus dem Hause ETA. Der ‚Panzer‘ ist bekannt dafür, dass die Abweichung relativ konstant bleibt, egal welche Neigung und Lage die Uhr einnimmt.
Technische Spezifikationen des ETA 2824-2
Produktdetails | Spezifikation |
Durchmesser | 11 ½ Linien (25,60 mm) |
Höhe | 4,60 mm |
Gangreserve | 38 Stunden |
Frequenz | 28.800 A/h (4 Hz) |
Rückersystem | ETACHRON und Rückerkorrektor |
Anzahl Rubine | 25 |
Bildnachweis oben: Daniel Zimmermann / Lizenz: CC2.0
Nahe Verwandtschaft und die Definition der Familie
Als Verwandte zum ETA 2824-2 Uhrwerk zählen Kaliber 2834-2 und 2836-2, wegen der Unruhwelle, die in allen Typen dieser ETA 2801-Familie identisch ist.
Dieses Werk ETA 2801 ist jedoch ein reines Handaufzugswerk auf 17 Steinen, ohne Rotor, und muss ohne Datumsfunktion auskommen.
Auch das 2892-A2 ist ein naher Verwandter, den vor allem kennzeichnet, dass er noch schmaler gebaut ist und deshalb von Herstellern als Grundlage für Verheiratungen mit anderen Bauteilen genommen wird. Ein Beispiel dafür ist die Verkoppelung mit dem Chronographen Bauteil 2022 von Dubois-Dépraz, während selbst innerhalb des Hauses ETA mit Kaliber 2894 eine Adaption versucht wurde, eine von vielen. Eine Erwähnung wert ist auch eine weitere Ableitung des Werks ETA 2824-2, welches als ETA 2836-2 vertrieben wird und neben dem Datum eine Wochentagsanzeige aufbieten kann. Noch dazu kann man diese Version auf ein GMT Kaliber aufrüsten, womit es eine zweite Zeitzone verfolgen kann.
Nicht jeder Panzer ETA 2824-2 fährt gleich schnell
Um die Sache noch auf die Spitze zu treiben, ist nicht jedes Werk ETA 2824-2 gleich präzise. Der Hersteller sieht vier Qualitätsstufen vor, die natürlich unterschiedliche Preise kosten.
Leider sind Uhrenhersteller als Endabnehmer dieser Rohwerke nicht sehr auskunftsfreudig, welche Qualitätsstufe der ETA 2824-2 sich in ihren Uhren befindet. Die Unterschiede unter den Stufen sind bei ETA aber kein Geheimnis und der Öffentlichkeit bekannt: die ‚Standard‘ Qualitätsstufe ist auf Polyrubinen gelagert, setzt eine Unruh aus vergoldetem Nickel ein und besitzt eine spannungsgeladene Spiralfeder aus Nivarox 2. Sie wird in zwei Lagen reguliert und schafft eine Genauigkeit von plus/minus zwölf Sekunden an Abweichung, während eines vollen Tages.
Die zweite Qualitätsstufe namens ‚Elaboré‘ unterscheidet sich lediglich durch eine zusätzliche Regulierungslage von der ‚Standard‘, und schon sind fünf Sekunden weniger an möglicher Abweichung in beide Richtungen möglich.
Dramatischer sind die Eingriffe für die dritte Qualitätsstufe, die ‚Top‘ genannt wird. Ein roter Rubin tritt nun an Stelle des synthetischen Lagersteins, die Unruh ist aus vergoldetem Glucydur gebaut, die Spiralfeder wird aus Anachron bereitgestellt und es wird auf fünf Lagen reguliert. Ergebnis: nur noch vier Sekunden Abweichung nach oben wie unten bleiben möglich.
Die ‚Chronomètre‘-Spezifikation verwendet zwar dieselben Gütemerkmale, erhält aber die Spezifikation eines Chronometers (ist also geeicht) und kann an Genauigkeit dann nicht mehr gesteigert werden. Der Preisunterschied zwischen ‚Standard‘ und ‚Chronomètre‘ ist gewaltig, da die unterste Stufe gerade mal ein Viertel der höchsten Stufe kostet.
Qualitätsstufe | Lagersteine | Unruh | Spiralfeder | Stoßsicherung | Regulierung | Mittlere Gangwerte |
Standard | Polyrubin | Nickel vergoldet | Nivarox 2 | Etachoc | in 2 Lagen | ± 12 Sekunden / Tag |
Elaboré | Polyrubin | Nickel vergoldet | Nivarox 2 | Etachoc | in 3 Lagen | ± 7 Sekunden / Tag |
Top | Rote Rubine | Glucydur vergoldet | Anachron | Incabloc | in 5 Lagen | ± 4 Sekunden / Tag |
Chronomètre | Rote Rubine | Glucydur vergoldet | Anachron | Incabloc | in 5 Lagen | ± 2 Sekunden / Tag |
Einige Uhrenfabrikate mit diesem Rohwerk als Herzen
Es ist fast ein Ding der Unmöglichkeit, alle Uhren aufzuzählen, die je mit einem ETA 2824-2 ausgestattet worden sind. Junkers setzt es in seinen Modellen Bauhaus, Cockpit Ju 52 und Dessau 1926 ein. Botta Design hat es in seiner UNO (ohne Datumsring), Certina und Davosa vertrauen auf Kaliber ETA 2824-2. MeisterSinger No. 03, Aviator Bristol Bulldog, Tag Heuer Carrera Kal. 5 und Breitling Superocean sind ebenso damit ausgestattet, letztere zeigt wie auch die Revue Thommen Diver Professional, dass man diese Automatik ohne Probleme auch in einer Taucheruhr einbauen kann.
Uhrenmarke | Kollektion | Bezeichnung des Uhrwerks |
Alpina | Alpina Alpiner, Alpina Comtesse | AL-525 |
Aviator Watch | Bristol Bulldog, Douglas, Propeller | ETA 2824-2 |
Breitling | Breitling Avenger II Seawolf, Superocean | Breitling Kaliber 17 |
Certina | Certina DS Podium Lady, Certina DS Action Diver, Certina DS Caimano | ETA 2824-2 |
Davosa | Davosa Military Automatic, Ternos Professional Automatic | DAV2824 |
Delma | Delma Santiago | ETA 2824-2 |
Ebel | Wave Gent | ETA 2824-2 |
Hamilton | Hamilton Jazzmaster | CAL. 2824-2 |
Junghans | Junghans Meister Kalender | J800.3 |
Junkers | Junkers Bauhaus | ETA 2824-2 |
MeisterSinger | Perigraph, Neo | ETA 2824-2 |
Revue Thommen | Diver Professional | ETA 2824-2 |
Roamer | Roamer Searock | ETA 2824-2 |
Sinn Spezialuhren | SINN 556 I | ETA 2824-2 |
Tag Heuer | Carrera Calibre 5 | Calibre 5 |
Tudor | Heritage Black Bay, Heritage Ranger | Tudor 2824 |
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Bildnachweis: Daniel Zimmermann / Lizenz: CC2.0
Über den Autor
Volker ist unser Mann der wohl gewählten Worte und ausdrucksstarken Uhren-Texte. Er berichtet exklusiv bei luxusuhren-test.de von seinen Zeitmessern.